Sonderkonzert der Nürnberger Philharmoniker

Internationale Orgelwoche: Getönter Abend um die letzten Dinge Sonderkonzert der Nürnberger NÜRNBERG - Leben und Tod heißt verkürzt das Motto der diesjährigen Internationalen Orgelwoche (ION). Bisher kam relativ wenig Leben vor, und auch das nach den Wünschen von Intendant Wilfried Hiller zusammengestellte philharmonische Sonderkonzert in der Nürnberger Lorenzkirche war hauptsächlich ein dunkel getönter Abend um die letzten Dinge.

Immerhin: Der musikalische Ausgangspunkt war die Wiege. Aber das Bild von Graf Mihály Zichy, das er Franz Liszt widmete und das jenen 1884 zu seiner letzten, 13. symphonischen Dichtung Von der Wiege bis zum Grabe inspirierte, handelt mehr von Lebenskampf und greisenhafter Resignation.

Angemessener Ernst

Mit dem angemessenen Ernst nahm Musikdirektor Christof Prick mit den groß besetzten Nürnberger Philharmonikern unter der Westrosette das eine Spur süßliche Wiegen-Piano, setzte die Engel der Bildvorlage in üppige Harfenklänge um ansonsten keine Kinderstuben- Programmmusik. Eher in drei Sätzen eine Lebensabschnitts-Quintessenz: heldisch die Lebensmitte, dafür die Philharmoniker mit kämpferischem Temperament und einer Spur Kaiserreichskolorit, in abgrundtief-sonoren Tönen und mit der Trompete des letzten Lebewohls die Endstation. Es war ein Stück ganz im Stil der Zeit, drei Tableaux wie von Alfons Mucha gemalt und bei der ION mit größter Sorgfalt vorgeführt für viele Konzertbesucher sicher zum ersten und zum letzten Mal.

Schmettereffekt

Dass Liszt auch anders konnte, zeigte, auch durch ein Bild inspiriert (Triumph des Todes in Pisa), sein Totentanz, eigentlich ein drittes Klavierkonzert. Das spielte Volker Banfield aus Hamburg mit allem nötigen Virtuosenaplomb, Prick sorgte mit seiner Bläserriege für den Schmettereffekt: aggressiv, grell, düster-fahl. In den verschiedenen Variationen hörte man schier die Gebeine klappern, die Knochengerippe wie auf einem spätmittelalterlichen Holzschnitt auferstehen. Sympathisch war, dass Banfield die gruselige Szenerie nicht übertrieb, auch immer wieder lyrische Zurückhaltung anbot: eine Liszt-Ehrenrettung mit kontemplativen Momenten im solistischen Choral-Kanon, aber auch mit Banfields Kraft für das Klappern der Knochenmänner heute eher von belustigender Wirkung. Klassikfreunds Halloween.


Von Geschmacksfragen unbehelligt

Von solchen Geschmacksfragen unbehelligt war die Tondichtung Tod und Verklärung von Richard Strauss das Gegenstück, auch das Pendant zur anstehenden Premiere von Ariadne auf Naxos, auch mit Prick am Pult des Opernhauses. Der machte das musikdramatisch geschickt gebaute Stück in einer glänzend präzisen Aufführung zu einer Bewährungsprobe für sein Orchester. Streichersamt und bestens dosierte Blechbläserapotheose wurden dem Instrumentationsmagier Strauss voll gerecht. Konzise Konzeption, ansehnliche Hörerkulisse leider gibt es im nächsten Jahr keine philharmonische Beteiligung bei der ION. Uwe Mitsching 12.6.2010

NÜRNBERGER NACHRICHTEN 12.6.2010